Mein Name ist Selma. Ich bin 48 Jahre alt und wohne in Esslingen. Ich habe einen elfjährigen Sohn, Berk. Ich bin geschieden. Mein Sohn verbringt viel Zeit bei seinem Vater, der allerdings früher kaum Interesse an ihm zeigte. Berk lernte erst mit drei Jahren zu sprechen, etwas spät im Vergleich zu Kindern in seinem Alter.
Auch die Eingewöhnungszeit im Kindergarten hat bei ihm sehr lange gedauert. Er traute sich lange nicht zu den anderen Kindern und konnte sich nur schwer an den Kindergartenalltag gewöhnen. Aus diesem Grund musste ich ihn mehrere Monate im Kindergarten begleiten. Neben meinen alltäglichen Beschäftigungen fiel mir diese Verantwortung nicht leicht. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass Berk nicht so gut wie die anderen Kinder sprechen konnte. Die Erzieherinnen im Kindergarten empfahlen mir, Berk zur Logopädie (Hilfe bei Sprachproblemen) zu bringen. Seit seinem vierten Lebensjahr renne ich mit ihm von einem Arzt zum anderen, von Therapie zu Therapie. Schließlich stellte ein Arzt die Diagnose „Entwicklungsverzögerung“, also eine langsamere Entwicklung als bei anderen Kindern. Aber nie konnte man mir sagen, warum er diese Krankheit hatte. Das macht mich bis heute sehr wütend und hilflos.
Nachdem er den Schultest nicht bestanden hatte, weil er eben noch nicht so gut sprechen konnte, besuchte er nach dem Kindergarten das Rohräcker-Schulzentrum (Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren). Es gab schon kleine Fortschritte. Dennoch bin ich unzufrieden. Mein größter Wunsch ist es, dass er wenigstens das Lesen und Schreiben erlernt. Hier zeigt er sehr großes Interesse, aber bislang gab es leider keinen Erfolg.
Die Kommunikation zwischen meinem Sohn und mir verläuft problemlos. Er ist ein friedliebender und schlauer Junge. Ich kann mit ihm wie mit einem Erwachsenen diskutieren. Wir schauen gemeinsam Filme, spielen Spiele, gehen spazieren oder reden über seinen Traumberuf. Schon von klein auf will er Pilot werden. Er mag alles, was mit Technik zu tun hat, und da hat er auch großes Talent. Als Mutter wünsche ich ihm, dass all seine Träume in Erfüllung gehen.
Die Mutter eines so bezaubernden Jungen zu sein, der unter einer Beeinträchtigung leidet, ist schwierig und bereichernd zugleich. Er ist sehr wählerisch und zurückhaltend, wenn er soziale Kontakte knüpft. Beispielsweise spielt er nicht gleich mit anderen Kindern, sondern beobachtet sie erst, bevor er sich ganz langsam annähert. Anders ist es zu Hause, wo er sich geborgen fühlt, da ist er nicht zurückhaltend oder unsicher.
In Zukunft wünsche ich mir, dass sich seine Situation weiterhin bessert und ihm alle Wege offen stehen.