Hallo, mein Name ist Siba. 2014 bin ich aus Syrien nach Deutschland geflüchtet und wohne seitdem in Stuttgart. Aufgrund einer seltenen Muskelkrankheit bin ich seit meinem 14. Lebensjahr gehbehindert und seit 2012 bin ich auf einen Rollstuhl angewiesen. Es hat alles mit Schwierigkeiten beim Laufen angefangen, die im Laufe der Zeit größer wurden. Ich hatte ein ganz schweres Leben in Syrien. Barrierefreiheit und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen sind dort keine Themen gewesen. Man ist vollständig auf die Hilfe seiner eigenen Familie angewiesen und füllt sich dadurch ständig abhängig. Das hat mich allerdings nicht daran gehindert, meine Schul- und Hochschulbildung fortzusetzen, obwohl es nicht so einfach war. Hier haben meine Familie und meine Freund*innen mir sehr viel geholfen. In Syrien habe ich fünf Jahre lang Pharmazie studiert und zwei Jahre lang meine eigene Apotheke geleitet. Weil ich an Sprachen sehr interessiert bin, nahm ich parallel zu meiner Arbeit ein gebührenpflichtiges zweites Studium „Arabisch-Englisch-Übersetzung“ auf, welches ich durch die Einnahmen aus meiner Arbeit finanziert habe. Aber leider musste ich es kriegsbedingt abbrechen.
In Deutschland habe ich als Dolmetscherin, Museumsführerin, als Online Arabisch-Dozentin und Pharmazie-Praktikantin gearbeitet. Im Juli 2020 habe ich die deutsche Approbation als Apothekerin erworben und darf meinen Beruf in Deutschland ausüben. Aufgrund fehlender Barrierefreiheit habe ich leider lange keine geeignete Arbeitsstelle gefunden. Auch hat sich danach mein Gesundheitszustand schnell verschlechtert. Seit Februar 2021 bin ich auf ein Beatmungsgerät angewiesen und deshalb nicht mehr arbeitsfähig.
Aktuell übe ich einen Nebenjob aus und bin als Fellow im Verein „Start with a Friend in Stuttgart“ bei der Tandemvermittlung tätig. Mein Leben in Deutschland ist unvergleichbar besser als zuvor in Syrien. Es ist aber immer noch nicht einfach, weil ich komplexe gesundheitliche Probleme habe, die im Alter wohl noch größer werden. Aber ich denke selten daran und lebe weiter. Letztendlich stimmt für mich der Spruch: „Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“